Mahlzeiten „nach englischer Manier“

Industrie und Natur in Karl Immermanns Roman Die Epigonen

  • Des repas pris « à la manière anglaise ». Industrie et nature dans Les Épigones de Karl Immermann
  • Meals “in the English way”. Industry and nature in Immermann’s novel The Epigones

DOI : 10.35562/textures.1111

Karl Immermanns 1836 veröffentlichter Roman Die Epigonen greift in die Debatten um die entstehende „soziale Frage“ ein und betont die Entstehung einer neuen Klasse von Menschen, deren Integrierbarkeit in die Gesellschaft nicht gesichert ist, wodurch die „soziale Frage“ eine dezidiert politische Dimension erhält. Immermanns soziale Sensibilität wird jedoch durch die Tendenz des Autors zu kulturkritischen Wertungen verwässert. Sie lassen die Industrialisierung zu einer existentiellen Bedrohung für die Menschheit werden, so dass nur ein Ausstieg aus der Geschichte als Rettungsmöglichkeit übrigbleibt, was der Autor allerdings als eine Aporie deutlich macht.

Les Épigones, le roman publié par Karl Immermann en 1836, intervient dans les débats autour de la « question sociale » en gestation et souligne l’émergence d’une nouvelle classe d’hommes qui ne sont pas forcément intégrables dans la société ce qui confère à la « question sociale » une dimension éminemment politique. Or, la sensibilité sociale de l’auteur est relativisée par sa tendance à s’adonner à une critique de la culture qui considère l’industrialisation comme une menace existentielle pour l’humanité si bien que seul un arrêt de l’histoire peut sauver le genre humain. Or, Immermann souligne le caractère aporétique de cette idée et se distingue ainsi de nombre d’hommes politiques de son époque.

Karl Immermann’s novel The Epigones, published in 1836 intervenes in the debates about the emerging “social question” and emphasizes the emergence of a new class of people whose ability to integrate into society is not guaranteed, which gives the “social question” a decidedly political dimension. However, the author’s social sensitivity is relativized by the author’s tendency to repeat culturally critical assessments which make industrialization an existential threat to humanity, so that the only way to save it is to exit history. However, Immermann emphasizes the aporetic character of this idea and thus differs from many contemporary politicians.

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Text

Einleitung

Die Industrialisierung hat in den Staaten des Deutschen Bundes bekanntlich weitaus später als in England und Frankreich eingesetzt, so dass diese eine mittlere Position zwischen westeuropäischer Dynamik und osteuropäischer Stagnation einnahmen.1 Ganz anders steht es jedoch um den Versuch, die insbesondere in England zu beobachtenden sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen intellektuell und politisch zu erfassen. Die ersten Überlegungen in diese Richtung erfolgten schon kurz nach dem Wiener Kongress, also weit vor der Krise des traditionellen Handwerks der dreißiger Jahre und dem Weberaufstand von 1844. Zu verdanken sind sie einer genialen Intuition des Ministers Hardenberg2, der in einem Runderlass an die Oberpräsidenten jene Fragen aufwarf, die, in anderen epistemologischen Konstellationen und unterschiedlichen politischen Zusammenhängen, das ganze 19. Jahrhundert beschäftigen sollten:

Die große Verlegenheit, in welche fast alle Fabrikländer gegenwärtig geraten sind, erfordert außer den augenblicklichen Unterstützungen, welche die Menschlichkeit gebeut, sehr ernstliche Untersuchungen über die Mittel, wodurch es überhaupt zu verhindern ist, daß die Fabrikation, von welcher die Kultur und der Wohlstand der blühendsten Länder ausgeht, nicht eine zahlreiche Menschenklasse erzeuge, die in den besten Jahren dürftig und bei jeder Missernte oder jeder Stockung des Absatzes dem tiefsten Elende preisgegeben ist3.

Hardenberg antizipiert eindeutig die durch die in seinen Augen unaufhaltsame industrielle Dynamik4 ausgelöste Entstehung der Arbeiterklasse, die sich durch spezifische Lebens- und Arbeitsbedingungen von allen anderen Schichten der sich anbahnenden bürgerlichen Gesellschaft unterscheidet. Zu ihnen gehört zunächst die Prekarität, welche zum qualitativen und quantitativen Wandel der gesellschaftlichen Armut beiträgt, sowie der Verlust der moralischen Autonomie, der bis zur sozialen Kriminalität gehen kann5. Noch wichtiger sind jedoch die mentalen und kognitiven Dispositionen der in der modernen Industrie arbeitenden Menschen. Hardenberg geht es darum,

zu verhindern, daß die frühe Gewöhnung zur Fabrikation in eine Verwöhnung ausarte, daß die Erziehung zum Fabrikarbeiter auf Kosten der Erziehung zum Menschen und Staatsbürger betrieben werde und daß der Mensch genötigt werde, die höchste mechanische Fertigkeit in einem einzelnen Handgriff mit dem Verlust seiner moralischen Freiheit zu erkaufen, selbst ehe er erkennen kann, wieviel dieser Kauf ihn kostet6.

Industrielle Arbeitswelt, Humanismus und allgemeines Staatsbürgertum miteinander zu verbinden, dies war in Hardenbergs Augen die Schicksalsfrage des 19. Jahrhunderts. Sein Runderlass stand damit auf einsamer Höhe und überforderte zwangsläufig seine Adressaten, die sich mit Allgemeinplätzen und Plattitüden begnügten7. Nennenswerte – indirekte – Antworten kamen erst im Laufe der Debatten der dreißiger Jahre, in denen auch erstmals konkrete politische „Lösungen“ für die von Hardenberg angesprochenen Probleme vorgeschlagen wurden, während das geforderte empirische Material – insbesondere über die Wohnverhältnisse in den Arbeitervierteln – erst in den vierziger Jahren gesammelt wurde.

Auch die deutsche Literatur blieb in dieser Hinsicht lange stumm; allein Karl Immermanns8 veröffentlichter Roman Die Epigonen greift in diese Debatten ein9 und beantwortet auf literarische Weise Hardenbergs Frage: ja, mit der Industrialisierung entsteht eine neue Klasse von Menschen, deren Integrierbarkeit in die Gesellschaft nicht gesichert ist, wodurch die „soziale Frage“ eine dezidiert politische Dimension erhält. Immermanns soziale Sensibilität bricht mit der Indifferenz des allein auf politische Fragen konzentrierten Jungen Deutschland und betritt trotz der Anleihen an die Struktur des Bildungsromans literarisches Neuland. Diese innovativen Elemente werden jedoch durch die Tendenz des Autors zu kulturkritischen Wertungen verwässert. Sie lassen die Industrialisierung zu einer existentiellen Bedrohung für die Menschheit werden, so dass nur ein Ausstieg aus der Geschichte als Rettungsmöglichkeit übrigbleibt – eine Scheinlösung, die Immermann als solche deutlich macht, während sie von namhaften deutschen Politikern aufgenommen wird.

Um diese Widersprüchlichkeit der Epigonen deutlich zu machen, werden wir zunächst das diskursive Umfeld des Romans kurz skizzieren (I), die soziale Kritik des Autors analysieren (II) und dann die Wendung zur Kulturkritik herausarbeiten (III). Abschließend geht es um die im Roman anvisierte „Lösung“ (die Selbstbeschränkung auf die landwirtschaftliche Produktion), die vom Autor als aporetisch deutlich gemacht wird, aber in den zeitgenössischen Debatten ein positives Echo findet (IV).

Das diskursive Umfeld von Immermanns Epigonen

Die Veröffentlichung des Romans fällt zusammen nicht nur mit der Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie im Deutschen Bund (Nürnberg – Fürth), sondern folgt unmittelbar auf die spektakulären Abhandlungen von Franz von Baader und Robert Mohl, die die für die Debatten der dreißiger Jahre spezifischen Grenzen des politischen Horizonts abstecken: einerseits der christliche Paternalismus von Baaders, der die (katholische) Kirche als Sprachrohr und Interessensvertreter der arbeitenden Klassen gewinnen will, wodurch diese indirekt in den politischen Institutionen vertreten wären und zugleich dem „verderblichen Einflusse der Demagogen“10 entzogen würden. Auf der anderen Seite Robert Mohl, der wie von Baader die Prekarität der Lebensbedingungen der Arbeiter im Sinne von Hardenberg bedauert und betont, „der Gegensatz zwischen Lohnherr und Arbeiter“ müsse „ausgeglichen“ werden11. Die neue Armut beruhe eindeutig auf der „großen Fabrikation“, könne aber langfristig beseitigt werden und zwar durch eine nachdrückliche Förderung der kulturellen Bildung der Arbeiter und deren Beteiligung an den Gewinnen der Betriebe, damit sie sich ein erstes eigenes Kapital schaffen und so aktiv am Industrialisierungsprozess teilnehmen können12. Mohl versucht also, den Liberalismus des 18. Jahrhunderts zu modernisieren und den sich abzeichnenden neuen sozialen Realitäten anzupassen. Damit sprengt er den beschränkten und anachronistischen intellektuellen Horizont der Mehrheit seiner Zeitgenossen, wie er, ebenfalls im Jahr 1835, exemplarisch in der Preisfrage der Akademie der Wissenschaften zu Erfurt deutlich wird13. In ihr geht es nicht allein um das Problem der Arbeitsbedingungen in den modernen Fabriken und ihre Auswirkung auf die entstehende Arbeiterkultur, sondern um die Natur der Armut, die sowohl diejenigen betrifft, die eine Arbeit besitzen, wie auch jene, die arbeitslos sind. Untertönig also auch hier die Frage nach dem Ursprung der sich ausbreitenden Armut: ist sie konjunkturell oder strukturell? Und wenn sie eindeutig durch die modernen Produktionsmittel generiert wird, welche Möglichkeiten bestehen dann, sie zumindest einzudämmen? Die vorgeschlagenen Erklärungsversuche lassen nun selbst den Paternalismus eines Franz von Baader als innovativ erscheinen, denn die Reflexionen gehen kaum über das Niveau der von Hardenberg erhaltenen Antworten hinaus: exzessiver Alkoholkonsum, Irreligiosität14, fehlende intellektuelle und/oder moralische Fähigkeit zu einer rationalen Haushaltsführung15 der Arbeiter, dies sind die Reaktionen der Mehrheit der Beiträger, die allein die betroffenen Personen, also den „Pöbel“ im Auge haben. Und schauen die Autoren einmal über ihren Schreibtischrand hinaus und versuchen sich in einer makroökonomischen Analyse, dann sind es der Verlust von Edelmetallen16 oder allgemein die zunehmende Verwendung von Maschinen17, die verantwortlich gemacht werden, wodurch zumindest ansatzweise eine Beziehung zwischen Industrialisierung und Armut hergestellt wird18. Die Korrelation von Massenarmut und industrieller Produktion bleibt allerdings bei den Stellungnahmen in der Minderheit; die vom 18. Jahrhundert übernommenen moralischen Erklärungsmuster bzw. Stereotypen dominieren weiterhin und verhindern einen differenzierteren Blick auf die eigene Gegenwart. Der Bezug auf die Edelmetalle belegt zudem eindeutig, dass der Kameralismus weiterhin stark verbreitet ist und immer noch die Blicke und Einschätzungen der Beobachter determiniert19. Gleiches gilt für die Mehrheit der Lösungsvorschläge, denn auch sie bleiben eindeutig auf dem Boden des kameralistischen Wissens: sei es die geforderte Wiedereinführung der Zünfte20. der Ruf nach Einfuhrbegrenzung durch Protektionismus21 oder die empfohlene Gründung von Großbetrieben in staatlicher Leitung, was nichts anderes als einen Rückschritt zu den Manufakturen des 17. und 18. Jahrhunderts bedeuten würde22.

In diesem Wirrwarr von Stellungnahmen, in denen, mit Ausnahme von Hardenberg und Mohl, allein die Desorientierung und die intellektuelle Hilfslosigkeit dominieren, ergreift nun Immermann das Wort und bringt sein Bewusstsein um den durch die Industrialisierung in Europa ausgelösten historischen Einschnitt zum Ausdruck. Damit nehmen Die Epigonen sowohl diachronisch wie synchronisch gesehen eine Sonderstellung in der Geschichte des deutschen Romans ein23. Denn in den Wanderjahren, dem emblematischen Roman der zwanziger Jahre, stellte die Industrialisierung noch das ominöse Damoklesschwert dar, das über dem traditionellen Handwerk schwebte. In Immermanns Epigonen verhält es sich jedoch genau umgekehrt: der Autor lässt in seinem Roman einen ganzen Wirtschaftsraum von heute auf morgen von der landwirtschaftlichen Produktion ins Zeitalter der Industrie übergehen, um so die negativen Konsequenzen der modernen Arbeitstechniken deutlich zu machen24, während das traditionelle Handwerk verschwunden ist, nur noch von einigen wenigen Figuren heraufbeschworen wird. Damit unterscheidet sich Immermanns Roman gleichermaßen von den Werken der engagiertesten seiner unmittelbaren Zeitgenossen, denn die Romane eines Gutzkow, Laube oder Mundt verteidigen zwar die Prinzipien der Presse- und Meinungsfreiheit gegen die Kräfte der Restauration, bleiben aber in sozialer Hinsicht vollkommen blind und verstummen Ende der dreißiger Jahre, kommen also zu ihrem verdienten Ende25.

Kurz und gut: allein mit Karl Immermanns Epigonen beginnt im Deutschen Bund, kurz vor der 1843 einsetzenden Flut von sozialen Romanen, die literarische Diskussion über die gesellschaftlichen Konsequenzen der Industrialisierung.

Die soziale Kritik in den Epigonen

Immermanns Befund ist eindeutig: ja, die industrielle Arbeit droht, die Arbeiter in einen materiellen und moralischen Abgrund zu stürzen. Dabei geht der Autor schrittweise vor und es gelingt ihm punktuell, die verschiedenen gesellschaftlichen Kräfte und damit auch die sozial-politische Dynamik seiner Gegenwart in einem einzigen Bild zu erfassen:

Abermals sah Hermann das tiefe gewundene Tal vor sich liegen, aus welchem die weißen Fabrikgebäude des Oheims hervorleuchteten. Die Maschinen klapperten, der Dampf der Steinkohlen stieg aus engen Schloten und verfinsterte die Luft, Lastwagen und Packenträger begegneten ihm, und verkündigten durch ihre Menge die Nähe des rührigsten Gewerbes. Ein Teil des Grüns war durch bleicherne Garne und Zeuche dem Auge entzogen, das Flüßchen, welches mehrere Werke trieb, mußte sich zwischen einer Bretter- und Pfosteneinfassung fortzugleiten bequemen. Zwischen diesen Zeichen bürgerlichen Fleißes erhoben sich auf dem höchsten Hügel der Gegend die Zinnen des Grafenschlosses, in der Tiefe die Türme des Klosters26.

Der „bürgerliche Fleiß“, dessen Ursprung und Konsequenzen noch näher zu bestimmen sein werden, dominiert die gesamte Gegend, während sich die – traditionelle – politische Herrschaft zwar in einer symbolisch erhöhten Position befindet, aber, wie auch die Institution Kirche, nur noch am Rande des Geschehens erscheint. Dieses wird ausschließlich durch die modernen Arbeitstechniken beherrscht, welche sowohl auf dem Einsatz neuer Maschinen und Energiequellen, wie auf der Umwandlung der Natur beruhen. Letztere wird auf den ersten Blick nur beiläufig erwähnt, tatsächlich kommt ihr jedoch eine zentrale Bedeutung für Immermanns Einschätzung der Industrialisierung zu:

Die mannigfaltigen Gewerbeeinrichtungen, welche er nun im einzelnen musterte, berührten sein Auge noch unangenehmer, als Tages zuvor. Diese anmutige Hügel- und Waldnatur schien ihm durch sie entstellt und zerfetzt zu sein. Das freie Erdreich mit Bäumen und Wasser, welches die Seele sonst von jedem Drucke zu erlösen pflegte, lastete auf der seinigen mit stumpfem Gewichte, weil es auch nur als Sklave im Dienste eines künstlich gesuchten Vorteils sich zeigte. Um alle Sinne aus der Fassung zu bringen, lagerte sich über der ganzen Gegend ein mit widerlichen Gerüchen geschwängerter Dunst, welcher von den vielen Färbereien und Bleichen herrührte27.

Die angeführte „Entstellung“ der Natur nimmt sogar, so der Erzähler, eine für den Menschen existentielle Dimension an. Denn, weit davon entfernt, das Phänomen der Industrialisierung nach ästhetischen Kriterien zu beurteilen28, geht es Immermann in der Beziehung zwischen Mensch und Natur um die Möglichkeit einer punktuellen innerweltlichen Erlösung (Weber), welche allein eine unberührte Natur vermitteln kann. Gerade das ist mit dem „Druck“ gemeint, den eine so erfahrene Natur vom Menschen zu nehmen vermag. Dies ist jedoch nach den Eingriffen des Industriellen nicht mehr möglich, was zu einer Desorientierung des Betrachters führt, der hier stellvertretend für den Autor, vor allem aber für die betroffenen sozialen Gruppen steht, die sich immer mehr vergrößern:

In den folgenden Tagen durchstreifte er mit einem erfahrenen Führer [...] die Gegend, und besah die Fabriken. Fast alle Zweige dieser Art menschlicher Tätigkeiten hatten sich hier im Umkreise weniger Stunden abgelagert. Man mußte wirklich über den Geist des Mannes erstaunen, der in verhältnismäßig kurzer Zeit eine ganze Gegend umzuformen verstanden hatte. Aus einfachen Landbauern waren Garnspinner, Weber, Bleicher, Messer- und Sägenschmiede, Glasbläser, Töpfer, Vergolder, ja sogar Zeichner und Maler gemacht worden29.

Immermanns Inszenierung des sozialen Wandels ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Zunächst ist festzuhalten, dass der Autor hier genauso indirekt wie eindeutig eines der zentralen Elemente der zeitgenössischen Diskussionen aufgreift, nämlich die immer wieder ins Spiel gebrachte Opposition von traditionellem Handwerk und moderner Industrie. Er macht deutlich, dass auch die maschinelle Produktion nicht auf gewisse Formen der Handarbeit verzichten kann. Diese werden also nicht zerstört, sondern in eine gänzlich neue Dynamik integriert, was zugleich eine erhöhte und direkte Abhängigkeit von den Arbeitgebern mit sich führt. Auf der Handlungsebene bedeutet diese Tatsache, dass die von Figuren wie Wilhelmi30 ins Spiel gebrachte Alternative – Handwerk oder Industrie – zurückgewiesen wird. Es ist unmöglich, sich auf das Handwerk beschränken zu wollen oder in ihm eine Zuflucht vor der Industrie zu suchen31. Die Vergangenheit kann nicht wieder ins Leben gerufen werden32, der Blick muss in die Zukunft gerichtet sein. Wenn die handwerklichen Tätigkeiten aber in die Industrie eingebunden werden, dann bedeutet es zudem, dass auch diese spezialisierten Tätigkeiten einer, so Immermann, neuen Rationalität des Wirtschaftens unterworfen werden. Dies macht der Erzähler deutlich, wenn er notiert:

Lange Gebäude, mit einförmigen Trockenfenstern, unterbrachen die Linien der gotischen Architektur auf der Höhe und in der Tiefe; der Wald, welcher die Hügel bedeckte, war fleißig gelichtet33.

Es handelt sich immer noch um die modernen Fabriken von Hermanns Onkel, wobei die rationale Gestaltung der Produktionsstätten auf die Monotonie der Arbeit verweist, die in ihnen geleistet wird und sich gleich doppelt von dem barocken Ornament abhebt. Diese fast beiläufige Bemerkung – die trotzdem an die Eröffnung des Faust erinnert und die Tieck wenig später in Der junge Tischlermeister aufgreifen wird – resümiert dennoch Immermanns Kritik an der wirtschaftlichen Organisation seiner Gegenwart. Denn es geht ihm gerade um die Allgegenwart der Ordnung und der ihr zugrundeliegenden ökonomischen Rationalität. Es geht ihm um die Entwurzelung der Menschen und der Dinge, um die Art und Weise, in der die wirtschaftliche ratio über die Menschen verfügt und keinerlei Unterschied mehr zwischen ihnen und den Gegenständen macht, wodurch zugleich die moderne Fabrik zu einem Ort der Disziplinierung wird:

Die Stunde regierte und die Glocke; nach deren Schlage füllten und leerten sich die Arbeitsplätze, traten die Träger ihre alltäglichen Wege immer in der nämlichen Richtung an, versammelten sich die Hausgenossen zu den gemeinschaftlichen Mahlzeiten34.

Und diese Tendenz beschränkt sich nicht auf die Sphäre der Arbeit, sondern ergreift sämtliche Bereiche des individuellen und kollektiven Lebens: man isst bereits „auf englische Art“35, organisiert also auch das Alltagsleben allein in Bezug auf die Bedürfnisse der modernen Industrie, während diejenigen der Arbeiter ignoriert werden.

Immermann belässt es jedoch nicht bei seiner Kritik an der ökonomischen Rationalität, die gänzlich neue Arbeitstechniken entstehen lässt, bei denen die Steigerung der Kenntnisse und Fertigkeiten – der Grad an Spezialisierung – mit einer zunehmenden Monotonie der Tätigkeit identisch ist. Es geht ihm gleichermaßen um die dezidiert physischen und damit sozialen Konsequenzen dieser neuen Arbeitsweisen. Dies wird deutlich, wenn er in einem Satz die ländlichen und industriellen Lebens – und Arbeitsweisen miteinander konfrontiert:

Während er hinter den Pflügen Gesichter erblickte, die von Wohlsein strotzten, nahm er bei den Maschinen andre mit eingefallenen Wangen und hohlen Augen wahr, deren Ähnlichkeit die Brüder oder Vettern jener Gesunden erkennen ließ36.

Zu vergleichen sind in Immermanns Augen die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Landwirtschaft und Industrie, nicht jedoch diejenigen von Handwerk und Industrie, da, wie gesehen, diese einander näher stehen, als es der Durchschnittsbeobachter wahrhaben will. Und der Befund ist eindeutig: die Bauern „strotzen“ vor Gesundheit, während die Gesichtsfarbe der Arbeiter „kränklich“ ist; sie tragen schon die „Keime des Todes“ in sich und haben diese an ihre Kinder weitergegeben37. Das bedeutet aber für uns: Immermann gibt in seinem Roman eine dramatische Antwort auf die 1817 und 1835 aufgeworfenen Fragen. Auf Grund der modernen Fabriken ist eine neue Klasse von Menschen im Entstehen begriffen, eine Klasse von Menschen, deren Leben allein aus Leiden besteht und deren nicht nur körperlicher Verfall eindeutig ist. Ihr Lebensrhythmus vollzieht sich außerhalb des organischen Zyklus der Natur, seien es die Arbeitsstunden oder die wenigen Augenblicke privaten Lebens, die ihnen bleiben. Und da die neue Generation bereits von diesem Verfall gezeichnet ist, muss eingegriffen werden. Die Lösung muss jetzt gefunden werden, will man nicht die Menschheit einer tödlichen Spirale aussetzen.

Dennoch darf die in Immermanns Augen existentielle Dimension des Verhältnisses von Mensch und Natur im Zeitalter der Industrialisierung nicht vergessen werden, selbst wenn sich die Frage stellt, ob die Sensibilität des Autors für die Natur nicht erst im Nachhinein ausgelöst worden ist, ob die Arbeitsbedingungen der Industriearbeiter nicht erst die zugleich bescheidenen und vitalen Privilegien derjenigen erkennbar gemacht haben, die durch ihre landwirtschaftliche Tätigkeit weiterhin in die Natur integriert sind. Wie dem auch sei: für unseren Zusammenhang wichtiger ist die Tatsache, dass Immermanns Kritik an der ökonomischen Rationalität weit über das durchschnittliche Niveau der zeitgenössischen Debatten hinausgeht. Sie vermeidet jede moralische Anfechtung des „Pöbels“ wie auch der Unternehmer: weder „Irreligiosität“ noch „Egoismus“ oder „Materialismus“ werden vom Autor ins Spiel gebracht. Zugleich erweist sich diese Lektüre der geschichtlichen Entwicklung jedoch als eine Gradwanderung zwischen den Extremen der Sozialkritik und der Kulturkritik. Dies wird schon an folgenden unscheinbaren Assoziationsketten deutlich:

Vielmehr empfand er einen tiefen Widerwillen gegen die mathematische Berechnung menschlicher Kraft und menschlichen Fleißes, gegen die Verdrängung lebendiger Mittel durch tote, und er konnte dieses Gefühls nicht Herr werden, so bedeutende Resultate er auch vor Augen sah, so große Achtung er vor dem Oheim und seinen Helfern haben mußte38.

Auf den ersten Blick ist der Leser geneigt, dem Erzähler zuzustimmen: spätestens mit der Industrialisierung sind der Mensch – und insbesondere die Arbeiter – zu einfachen Recheneinheiten geworden; es zählen allein ihre Arbeitskraft und ihre Arbeitsleistung, die permanent gemessen werden und in einen wirtschaftlichen Mechanismus integriert sind, dessen Effizienz zwar unleugbar ist, der sich aber zunehmend als ein Selbstzweck erweist. Und genau hier ist der Wendepunkt in Immermanns Argumentation erreicht, denn die „Verdrängung lebendiger Mittel durch tote“ verbindet sich mit dem schon zitierten Verständnis des modernen Industriearbeiters als eines „Sklave[n] im Dienste eines künstlich gesuchten Vorteils“ und der modernen wirtschaftlichen Aktivität als einer Suche nach „künstliche[n] Vorteile[n]“39, wodurch die analysierten physischen und sozialen Konsequenzen der modernen Industriearbeit sekundär werden im Vergleich zur generalisierten „künstlichen Tätigkeit“ des Menschen40. Dessen natürliche Umwelt ist im Begriff zu verschwinden, denn sie wird systematisch durch die neuen Maschinen und Fabriken ersetzt, die ihrerseits über den Raum und die Menschen verfügen, wodurch letztere ihre Existenzgrundlage verlieren. Diese Existenzgrundlage wird jedoch zunehmend nicht mehr materiell definiert, sondern als „Verwurzelung“, also als die dauerhafte Integration in ein „natürliches“, von der modernen Technik weitgehend unberührtes Umfeld verstanden. Gerade das macht Immermanns spektakuläre Inszenierung der modernen Arbeitstechniken deutlich, die in den Epigonen zugleich den endgültigen Übergang von der Sozialkritik zur Kulturkritik vollzieht.

Von der Sozialkritik zur Kulturkritik

Bei dieser Inszenierung verbindet Immermann mythologische Elemente mit literarischen Anspielungen, die nur scheinbar rückwärtsgewandt sind, da sie allein ein Ziel verfolgen: die Warnung vor der kommenden radikalen Veränderung des Verhältnisses von Mensch und Natur so suggestiv wie möglich zu gestalten:

Große Züge von Pferden schleppten auf notdürftig gebahnten Wegen eine gewaltige Dampfmaschine den Berg hinan, rüstige Maurer arbeiteten Tag und Nacht, den Ofen zu errichten, dessen Gluten die ungeheuren Kräfte der Dämpfe entwickeln sollten ; sobald er stand, stand auch binnen kurzem die Maschine, ein kräftig wirkendes Pumpen- Saug- und Schöpfwerk, welches in jeder Sekunde mehrere Tonnen Wassers zu entheben vermochte, wurde an den Spiegel des Weihers geführt und mit den Armen der Dampfmaschine in Verbindung gesetzt. Nun glühten die Kohlen des Ofens, nun hoben sich die langen eisernen Arme der Maschine, griffen in die Öhre der Pumpenstengel, trieben die Schöpfräder um. Die abgezogenen Fluten bildeten den Berg hinunter einen Gießbach, und über den wirkenden Kräften ruhte die dichte, schwarze Wolke, welche dergleichen Stätte zyklopischer Feuertätigkeit bezeichnet41.

Anders als Odysseus gelingt es Immermanns Romanfiguren nicht, den Zyklopen zu überlisten und siegreich aus der Auseinandersetzung mit dessen dämonischen Kräften hervorzugehen. Bemerkenswert ist zudem, dass der Autor gar nicht erst zu erklären versucht, mit welchem präzisen Produktionsprozess diese Kräfte verbunden sind. Der Leser versteht jedoch, dass die evozierte Maschine Wasser in einem Weiher schöpfen soll und er weiß spätestens seit den Wahlverwandtschaften, dass solche Eingriffe in die Ordnung der Natur für den Menschen gefährlich sind. Unter Immermanns Feder nimmt diese Konstellation nun eine besondere Qualität an, denn die Energie der Maschine wird von Dampfmaschinen bereitgestellt. Anders gesagt modernisiert Immermann den 1809 von Goethe konzipierten Vorgang, um die der Industrialisierung innewohnenden Gefahren deutlich zu machen.

In diesem Katastrophenszenario sind durch die Maurer zwar noch Handarbeiter präsent, aber eben nicht mehr als ihre Tätigkeit selber bestimmende konstruierende Handwerker, sondern als Hilfskräfte, die für den Arbeitsprozess sicherlich unabdinglich sind, diesem aber untergeordnet sind und so ungewollt an einer destruktiven Tätigkeit teilhaben. Gleiches gilt für die Pferde, die die Dampfmaschine „schleppten“: sie sind die zunehmend anachronistisch anmutenden Hilfsmittel in dieser neuen Arbeitswelt, weshalb die verwendete Semantik auch nicht auf einem Anthropomorphismus beruht, denn die zitierten „Arme“ der „kräftigen“ Dampfmaschine evozieren für den Leser noch einmal den Menschen und dessen traditionelle Energiequelle und Bewegungsmittel, eben das Pferd, das hier aber nur noch eine im Vergleich mit der Maschine zweitrangige Rolle spielt und zugleich als implizite Kontrastfolie fungiert. Festzuhalten ist weiterhin, dass bei Immermann die sich immer mehr verbreitende Verwendung der Dampfmaschine zwar den Schritt in eine neue, die traditionellen Bedürfnisse und Arbeitsweisen des Menschen zerstörende Periode des Wirtschaftslebens repräsentiert. Für den Autor geht es dennoch nicht um die pauschale Verdammung der modernen, mit der Dampfkraft verbundenen Maschinen als solchen, wie man sie bei den Reaktionen auf die Erfurter Preisfrage finden konnte. Und die Tragik seines Ansatzes liegt gerade in der Präzision seiner Beobachtungen, denn je mehr er seine Kritik präzisiert, um so mehr vertieft sich die kulturkritische Dimension seiner Argumentation. Denn es wird deutlich, dass die modernen Maschinen für ihn vor allem Maschinen aus Eisen sind, aus jenem künstlichen und unorganischen Material, das droht, den Menschen in ein neues, ebenso künstliches wie unkontrollierbares Universum zu drängen. Wird die Dampfmaschine auf Schienen montiert, so zerstört sie die traditionelle Wahrnehmung des Raums und damit auch die Erfahrung der Zeit. „Die Maschine gleicht einem mächtigen Ungetüm, mit kurzen stämmigen Beinen und einem unverhältnismäßigen Oberkörper, einem Rhinozeros, das über die Erde hinwegfliegt.“ 42Gerade die aus dem schweren, scheinbar unbeweglichen Eisen bestehenden Maschinen sind zu einer Beschleunigung aller Bewegungs- und Arbeitsabläufe in der Lage und tragen dadurch zur „Entwurzelung“ des Menschen bei.

Erstmals in der Geschichte der Architektur tritt mit dem Eisen ein künstlicher Baustoff auf. Er unterliegt einer Entwicklung, deren Tempo sich im Laufe des Jahrhunderts beschleunigt. Sie erhält den entscheidenden Anstoß als sich herausstellt, dass die Lokomotive, mit der man seit Ende der zwanziger Jahre Versuche anstellt, nur auf eisernen Schienen verwendbar ist. Die Schiene wird der erste montierte Eisenteil, der Vorgänger des Trägers. Man vermeidet das Eisen bei Wohnbauten und verwendet es bei Passagen, Ausstellungshallen, Bahnhöfen – Bauten, die transitorischen Zwecken dienen43.

Die systematische Verwendung des Eisens beendet einen jahrhundertealten am Rhythmus der Natur orientierten Lebensmodus und versetzt den Menschen in permanente Aktivität und Bewegung. Verfolgung transitorischer Zwecke statt Stabilität und Integration. Und das bedeutet für Immermann nichts anderes als die absolute Entwurzelung des modernen Menschen. Sie beruht in erster Linie auf der Materie, aus der die Maschinen hergestellt wurden, eben dem Eisen, das nun die Arbeitswelt dominiert. Die Verwendung des Eisens im Maschinenbau betont also nicht nur das Ende des traditionellen Handwerks und den Eintritt in eine neue Ära, die sich durch die industrielle Massenproduktion kennzeichnet. Was Immermann am meisten beunruhigt, ist nicht das sich abzeichnende Ende der traditionellen Herstellungsweise zu Gunsten einer anderen, anonymen, desindividualisierten, sondern die Entstehung einer damit verbundenen neuen Umwelt des Menschen. Der moderne Mensch lebt in einer künstlichen und desinkarnierten Welt, in der die Dampfmaschine nur eine Quelle des Leidens unter anderen darstellt. Weder die durch die moderne Technik geschaffenen neuen Bedürfnisse des Menschen noch deren Herstellungsweise entsprechen dem „Wesen“ des Menschen. Und so enthüllt sich die Tragweite der schon zitierten Kritik an der „Künstlichkeit“ der mit der Industrialisierung verbundenen menschlichen Tätigkeiten, Handlungsziele und Bewertungskriterien. Sie sind „künstlich“, entsprechen nicht den „natürlichen“ Wünschen und Bedürfnissen des Menschen, sie sind unnatürlich, tot, tödlich.

Die Industrialisierung bedeutet für Immermann also nichts anderes als die “Verdrängung lebendiger Mittel durch tote“44 Damit wird die industrielle Arbeit zu einer Tätigkeit am Rande des Todes und steht in diametralem Gegensatz weniger zum Handwerk als zur landwirtschaftlichen Tätigkeit, deren Rationalisierung und Modernisierung durch Maschinen seit den Reformen von Stein und Hardenberg45 der Autor konsequent ausblendet. Gerade das macht die Ankunft der Dampfmaschine am Weiher deutlich; diese eigentlich banale Szene wird unter Immermanns Feder zum Höhepunkt seiner Beweisführung. Er hat schon die neue Armut der Bewohner des Tals betont: sie sind Bauern und Handwerker gewesen, nun aber Fabrikarbeiter, wodurch sich ihre Beziehung zur Natur dramatisch verändert hat. Denn die Eingriffe in die Natur nehmen nun eine neue Dimension und eine neue Qualität an: sie beruhen nicht mehr auf der organischen Energie, sondern vollziehen sich mittels fremder und künstlicher Materialien, wodurch zugleich eine neue Dichotomie entsteht: der Mensch wie überhaupt die Natur sind der destruktiven Kraft der modernen Technik ausgesetzt. Gerade das muss der Sohn des Unternehmers erfahren, der die Maschine unvorsichtig bedient und in einem spektakulären Unfall stirbt:

Das taube Eisen faßte ihn, seine Kleider mußten sich in das Gestänge verwickelt haben, denn dreimal wurde er im fürchterlichen Umschwunge gegen die Balken, und von diesen wieder in die Lüfte geschleudert. Augenblicklich ließ ich hemmen, aber es war schon geschehen, und wir hatten, als die Maschine stillstand, nur die zerbrochenen Gebeine aus ihren Klammern und Fugen zu nehmen46.

Die Maschine aus Eisen schleudert den menschlichen Körper gegen die Holzbalken, wodurch die zu Beginn des Eisenbaus omnipräsente Gegenüberstellung von Holz und Eisen47, des Organischen und des Unorganischen, für den Leser fassbar wird. Das Eisen ist „taub“, also den Wünschen und Bedürfnissen der Menschheit entgegengesetzt, mit denen es in keinerlei Beziehung steht. „Im Stein spüren wir den natürlichen Geist der Masse. Das Eisen ist uns nur künstlich komprimierte Festigkeit und Zähigkeit48.“ So der deutsche Kunsthistoriker Alfred Gotthold Meyer noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der beweist, wie wirkungsmächtig die u.a. von Immermann initiierte kulturkritische Verdammung der modernen Industrie gewesen ist.

Die aus diesem für den Menschen tödlichen Material geschaffene und mit der Dampfmaschine verbundene Schöpfmaschine besitzt zudem eine gewisse Autonomie, kann sich also der Kontrolle durch den Menschen entziehen und sie mindert ihre entfesselte Gewalt erst mit dem Tod ihres Opfers: „Die Maschine stand. Zu ihren Füßen lagen die blutenden Gebeine eines, der ein Mensch gewesen war. Ein unseliger Anblick! 49“ Die Verwendung des Plusquamperfekts legt die Idee nahe, dass der Sohn des Unternehmers zweimal gestorben ist: ein erstes Mal mit dem Menschengeschlecht bei dessen Eintritt in das industrielle Zeitalter, ein zweites Mal als Individuum, das das Schicksal seiner Gattung teilt. Die symbolische Tragweite der Szene ist (nur allzu) eindeutig und die Anwesenheit eines Priesters erlaubt es Immermann, aus dem Arbeitsunfall ein doppeltes Begräbnis zu machen, bei dem die eigentliche, die soziale Dimension der Szene endgültig sekundär wird. Sie wird in dieser Szene wie im ganzen Roman verdrängt zunächst durch die Kritik an der angeblich neuen wirtschaftlichen Rationalität und dann durch die Verdammung des modernen industriellen Universums als Emanation eben dieser Rationalität, die sich in der Verwendung von Eisen exemplarisch konkretisiert.

Dennoch ist festzuhalten, dass Immermanns Inszenierung in einen ganz anderen epistemologischen Kontext gehört als scheinbar analoge Szenen etwa in E.T.A. Hoffmanns Automate. Denn die Romantiker reagierten noch auf das Paradigma der Aufklärung und dessen Bild des homme-machine. Immermann jedoch fragt zunächst nach den sozialen Konsequenzen der der Industrialisierung zugrundeliegenden Rationalität, um dann aus dem Bruch mit der Tradition und der massiven Verwendung neuer Materialien auf die „Künstlichkeit“ der gesamten entstehenden modernen Welt zu schließen, wodurch er zugleich sehr früh der europäischen Kulturkritik eine neue Dimension verleiht. Denn diese Vertiefung der von Rousseaus erstem Discours ausgelöste Diskussion über die angeblichen „natürlichen Bedürfnisse“ des Menschen bei Flögel, Sonnenfels und insbesondere bei Schiller50 wird zwar schon 1839 von Ludwig Tieck in Des Lebens Überfluß aufgenommen. Ein nachhaltiges Echo wird sie jedoch erst in den Debatten um den „Pauperismus“ der vierziger Jahre und in den Reaktionen auf die Thesen der Deutsche Ideologie erhalten, in denen dann allerdings die soziale Dimension wieder den ihr angemessenen Platz erhalten wird.

Das zeitgenössische Echo

Dennoch muss Immermann das Verdienst zugesprochen werden, die Lethargie des deutschen Romans in Hinblick auf die sich anbahnende und von Hardenberg schon 1817 erkannte „soziale Frage“ beendet zu haben. Es kann also nicht darum gehen, die Ambivalenzen des Romans einseitig zu lesen und allein seine kulturkritische Dimension in den Vordergrund zu stellen. Gleiches gilt für die vom Protagonisten anvisierte „Rettung“ vor der industriellen Revolution:

Vor allen Dingen sollen die Fabriken eingehen und die Ländereien dem Ackerbau zurückgegeben werden. Jene Anstalten, künstliche Bedürfnisse künstlich zu befriedigen, erscheinen mir geradezu verderblich und schlecht. Die Erde gehört dem Pflug, dem Sonnenscheine und Regen [...], der fleißigen, einfach- arbeitenden Hand. Mit Sturmesschnelligkeit eilt die Gegenwart einem trocknen Mechanismus zu, wir können ihren Lauf nicht hemmen, sind aber nicht zu schelten, wenn wir für uns und die Unsrigen ein grünes Plätzchen abzäunen, und diese Insel so lange als möglich gegen den Sturz der vorbeirauschenden industriellen Wogen befestigen51.

Hier – und ganz im Gegensatz zu seiner kategorischen Verdammung der industriellen Moderne – erweist sich Immermann als luzide und nuanciert zugleich. Denn diese Forderung nach einem Ausstieg aus der Geschichte wird einer Romanfigur zugesprochen, die sich des aporetischen Charakters einer solchen Perspektive bewusst ist. Die modernen Fabriken „sollen“ verschwinden, das ist jedoch nichts anderes als ein frommer Wunsch angesichts der Machtlosigkeit gegenüber der geschichtlichen Dynamik – ein frommer Wunsch jedoch, den namhafte deutsche Politiker teilten:

Unsere deutschen Staaten entwickelten sich aus der Grundherrschaft; daher ist eine Grundbedingung ihres Bestandes die Bewahrung der Natur eines ackerbauenden Staates. Das Grundeigentum ist die materielle Grundlage der höchsten Einrichtungen und Äußerungen unseres Staatslebens, die Grundlage der Selbstständigkeit der Herrschergewalt, die Grundlage der höchsten Institutionen, der Kirche und der Schule, der Maßstab der Teilnahme am Genuss der politischen Rechte52.

Diesen fatalen Schritt vom Gedankenspiel zur politischen Forderung, von der Kritik an der modernen Industrie zur Fixierung der „deutschen Identität“ im Ancien Régime ist Karl Immermann nicht gegangen.

Bibliography

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Notes

1 Hans-Werner Hahn, Die industrielle Revolution in Deutschland, München, Oldenbourg, Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 49, 2011. Return to text

2 Ausgelöst hatten diesen Runderlass Beobachtungen eines Schulrats in der rheinischen Textilindustrie unmittelbar nach den „Befreiungskriegen“. Hans-Ulrich Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Zweiter Band. Von der Reformära bis zur industriellen und politischen „Deutschen Doppelrevolution“: 1815‑1845/49, München, Beck, S. 255. Return to text

3 Runderlaß des Staatskanzlers v. Hardenberg an die Oberpräsidenten, [5. September 1817], in Die Geschichte der Lage der Arbeiter in Deutschland von 1789 bis zur Gegenwart. Band 8. Hardenbergs Umfrage über die Lage der Kinder in den Fabriken und andere Dokumente aus der Frühgeschichte der Lage der Arbeiter: Dokumente und Studien A zu Band 1, Berlin, Akademie-Verlag, 1960, S. 23. Return to text

4 „Indem nun hierdurch die Anzahl der Arbeiter schnell wächst, geht andererseits die Erfindung von Maschinen und Erleichterungen des Verfahrens immer weiter, wodurch mit gleicher Anzahl von Menschen immer mehr und mehr geleistet werden kann […].“ Ibid., S. 23‑24. Return to text

5 Hardenberg notiert, der moderne Fabrikarbeiter sei so „abhängig von gewissen Verhältnissen und Umgebungen, daß er einen großen Teil seiner moralischen Freiheit verliert, lieber in das tiefste Elend versinkt und end­lich in der äußersten Not zu Verbrechen seine Zuflucht nimmt, als eine Lage ändert, die ihm durch Erziehung von der frühesten Kindheit an zur anderen Natur geworden ist.“ Ibid., S. 24. Return to text

6 Ibid., S. 25. Return to text

7 Vgl. die Berichte und Gutachten in Kuczynski, Die Geschichte der Lage der Arbeiter, op. cit., S. 27-108. Zu betonen ist weiterhin, dass manche Stellungnahmen erst 1820 eintrafen, so dass sich diese indirekte Debatte immerhin über drei Jahre hinzog. Return to text

8 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, München, Saur, 1836. Return to text

9 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen. Familienmemoiren in neun Büchern 1823‑1835, Hg. Peter Hasubek, München, Winkler 1981. Return to text

10 Franz von Baader, „Über das dermalige Missverhältnis der Vermögenslosen oder Proletairs [sic] zu den Vermögen besitzenden Klassen“ [1835], in Ernst SCHRAEPLER (Hg.), Quellen zur Geschichte der sozialen Frage in Deutschland I. 1800‑1870, Göttingen, Musterschmidt, 1955, S. 65. Return to text

11 Robert Mohl, „Über die Nachteile, welche sowohl den Arbeitern selbst, als dem Wohlstande und der Sicherheit der gesamten bürgerlichen Gesellschaft von dem fabrikmässigen Betriebe der Industrie zugehen“ [1835], in Ernst SCHRAEPLER (Hg.), Quellen zur Geschichte der sozialen Frage in Deutschland I. 1800‑1870, Göttingen, Musterschmidt, 1955, S. 84. Return to text

12 Ibid., S. 87. Return to text

13 „Ist die Klage über zunehmende Verarmung und Nahrungslosigkeit in Deutschland gegründet [sic]? Ursache und Anhilfe des Übels.“ Eine Preisfrage der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt im Jahre 1935, zitiert nach Kuczynski, Die Geschichte der Lage der Arbeiter, op. cit., S. 114. Return to text

14 Abhandlung Nr. II, 126. Return to text

15 Abhandlung Nr. V, 131. Return to text

16 Abhandlung Nr. X, 139. Return to text

17 Abhandlung Nr. VI, 137. Return to text

18 Allein die Abhandlung Nr. XIV erfasst, allerdings eher intuitiv als begrifflich – analytisch, die moderne Fabrik als einen Ort der Sozialdisziplinierung. Abhandlung Nr. XIV, 147. Immermann wird, wie wir sehen werden, diesen Aspekt mit aller Schärfe deutlich machen. Return to text

19 Zum Verhältnis von Kameralismus und Liberalismus vgl. Guillaume Garnier (2005) : État, Économie, Territoire en Allemagne. L’espace dans le caméralisme et l’économie politique 1740-1820, Paris, éd. de l’ÉHESS. Zur Präsens des kameralistischen Wissens in der Romanliteratur des Vormärz vgl. Wolfgang Fink „Le Prince et les prolétaires. Continuités et ruptures dans le roman social allemand“, in Thomas BREMER, Wolfgang FINK, Françoise KNOPPER und Thomas NICKLAS (Hg.), La question sociale du « Vormärz » 1830‑1848, Éditions et presses universitaires de Reims, 2018, S. 139‑164. Return to text

20 Abhandlung Nr. II, 127 Return to text

21 Abhandlung Nr. IV, 129 Return to text

22 Diese Fabriken würden eine modernisierte Form der Manufakturen darstellen. Der Autor denkt also an eine „Lösung“, die sich immer noch in der kameralistischen Tradition befindet. Zu betonen ist weiterhin, dass sich die Idee einer staatlichen Organisation der wirtschaftlichen Produktion schon vor Louis Blanc und dessen ateliers sociaux in frühsozialistischer Perspektive 1834 bei Theodor Schuster findet. Vgl. Jacques Droz, Histoire générale du socialisme 1. Des origines à 1875, Paris, Presses universitaires de France, 1997, S. 420 Return to text

23 Vgl. Fink, „Le Prince et les prolétaires“, op. cit. Return to text

24 Inwiefern hier Mechanismen des von Immermann am Beispiel der Figur des Wilhelmi kritisierten Historismus am Werk sind, sei dahingestellt. Return to text

25 Vgl. Helmut Koopmann, Das junge Deutschland, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1993, S. 127. Die völlige Indifferenz der Romanautoren des Jungen Deutschland in sozialen Fragen verbietet es aber auch, eine Kontinuität zwischen diesen Werken und den sozialen Romanen der vierziger Jahre herzustellen, wie Koopmann es an gleicher Stelle tut. Vgl. Wolfgang Fink, Le peuple, la populace et le prolétariat. L’émergence du personnage de l'ouvrier dans le roman allemand, 1780‑1848, Paris, Maison des Sciences de l’Homme, 2002. Return to text

26 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, München, Saur, S. 399. Return to text

27 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 405. Return to text

28 So Martin Halter, Sklaven der Arbeit, Ritter vom Geist. Arbeit und Arbeiter im deutschen Sozialroman zwischen 1840 und 1880, Frankfurt am Main, Lang, 1983, S. 189; Erich Edler, Die Anfänge des sozialen Romans und der sozialen Novelle in Deutschland, Frankfurt am Main, Klostermann, 1977, S. 208. Return to text

29 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 411. Return to text

30 „Dieser war ein erklärter Liebhaber alles Alten und Veralteten, er besaß die ältesten Sachen und Pergamente. In einer solchen Zusammenkunft holte er eine Urkunde herbei, woraus sich das schönste Licht über die großen Bauverbrüderungen des Mittelalters verbreitete. Alles war darin bestimmt: wie der Gesell dienen sollte, wie jeder verpflichtet sei, sein Zeichen zu führen, wie Hader, Schimpf und Unzucht in der Hütte zu meiden seien […] und was dergleichen Vorschriften mehr waren, welche alle auf die strengste, sittlichste Geschlossenheit des Handwerks Bezug hatten.“ (Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 138). Die nostalgisch idealisierende Perspektive der Romanfigur wird besonders deutlich, wenn man sie mit Mohls Forderung nach einem Interessensausgleich vergleicht: „Die Herstellung eines freundlicheren Verhältnisses zwischen Fabrikherrn und Arbeitern ist nur unter der doppelten Voraussetzung möglich, einmal, daß alle Mißhandlung und Unterdrückung der letzteren unbedingt aufhört; zweitens, daß denselben die feste Überzeugung gegeben wird, es sei ihr wahres Interesse mit dem des Herrn ein und dasselbe.“ Mohl, „Über die Nachteile“, op. cit., S. 65. Return to text

31 Ganz abgesehen von der Tatsache, auf die Immermann mehrmals anspielt, nämlich dass sich spätestens seit der Einführung der Manufakturen, also gegen 1670, die Handwerker aus dem Rhythmus der Natur gelöst und sich demjenigen, den die wirtschaftliche Effizienz erfordert, unterworfen haben. Vgl. Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Hg. Rolf Tiedemann, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1983, S. 966. Return to text

32 In den Epigonen wird jeder Versuch, die Vergangenheit wiederzubeleben, ins Lächerliche gezogen. Dies wird an der burlesken theatralischen Mittelalterfeier exemplarisch deutlich: „Sogleich verlangten die Trunkenen etwas Lustiges aufgespielt, worauf die Musikanten, welche nichts Besseres hatten, die Marseillaise zum Besten gaben. Niemand fand an dieser Wahl Anstoß, denn es war eine völlige Vergessenheit der Zeiten eingetreten, die ganze gerüstete Schar hüpfte, walzte, oder marschierte nach diesen neusten aufrührerischen Tönen munter im Saale umher, daß die Fenster klirrten.“ (Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 225). Return to text

33 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 399. Return to text

34 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 413. Return to text

35 Ibid. Return to text

36 Ibid. Return to text

37 Ibid., S. 412. Return to text

38 Ibid. Return to text

39 Ibid., S. 405. Return to text

40 Ibid., S. 413. Return to text

41 Ibid., S. 577. Return to text

42 Eduard Beurmann Brüssel und Paris, Leipzig, Fischer, 1837, S. III. Return to text

43 Walter Benjamin, „Paris, Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts“, in Walter Benjamin, Das Passagenwerk, op. cit., S. 46. Return to text

44 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 412. Return to text

45 Thomas Nipperdey Deutsche Geschichte 1800‑1866. Bürgerwelt und starker Staat, München, Beck, 1983, S. 33–68. Return to text

46 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 594. Return to text

47 Walter Benjamin, Das Passagenwerk, op. cit., S. 220. Musterbeispiel für die literarische Kritik am Eisen ist natürlich Mörikes 1846 veröffentlichtes Gedicht An eine Lampe, das durchgehend durch die Opposition zwischen Eisen und Bronze strukturiert ist. Vgl. Karlheinz Stierle, „Imaginäre Räume, Eisenarchitektur in der Literatur des 19. Jahrhunderts“, in Helmut Pfeiffer, Hans Robert Jauß und Françoise Gaillard (Hg.): Art social und art industriel. Funktionen der Kunst im Zeitalter des Industrialismus, München, Fink, 1987, S. 281. Return to text

48 Alfred Gotthold Meyer Eisenbauten. Ihre Geschichte und Ästhetik, Esslingen, Neff, 1907, S. 9, zitiert nach Walter Benjamin, Das Passagenwerk, op. cit., S. 219. Return to text

49 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 594. Return to text

50 Georg Bollenbeck, Eine Geschichte der Kulturkritik. Von J.J. Rousseau bis G. Anders, München, Beck, 2007. Gerade diese europäische Dimension der Kulturkritik verbietet es auch, von einem bei Immermann deutlich werdenden angeblich spezifisch deutschen Widerstand gegen jede Form der Modernisierung zu sprechen. Keith Bullivant und Hugh Ridley, Industrie und deutsche Literatur 1830‑1914, München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1976, S. 48. Return to text

51 Karl Leberecht Immermann, Die Epigonen, op. cit., S. 637. Return to text

52 Franz Josef Buß, „Auszug aus der Rede über das soziale Problem in der Badischen Zweiten Kammer“ [1837], in Ernst SCHRAEPLER (Hg.), Quellen zur Geschichte der sozialen Frage in Deutschland I. 1800‑1870, Göttingen, Musterschmidt, 1955, S. 67-68. Return to text

References

Electronic reference

Wolfgang Fink, « Mahlzeiten „nach englischer Manier“ », Textures [Online], 29 | 2025, Online since 02 décembre 2025, connection on 08 décembre 2025. URL : https://publications-prairial.fr/textures/index.php?id=1111

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Wolfgang Fink

Université Lumière Lyon 2, LCE (Lettres et civilisations étrangères), F-69007 Lyon, France

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